Sonderausstellung 19.06. — 08.11.2015

VIVA VICTORIA!

FRAUSEIN IM 19. JAHRHUNDERT.
Bewegungslosigkeit im Zeitalter des Fortschritts
In Kooperation mit der Fachhochschule Bielefeld | Fachbereich Gestaltung

Alle paar Jahre wird ein Roman der Brontë-Schwestern neu verfilmt (besondersbeliebt: »Jane Eyre« oder »Sturmhöhe«); Biopics über die englische Königin Victoria (1819–1901) rühren zwischen Herz und Krone, und im deutschsprachigen Raum erinnerte Romy Schneider als »Sissi« an die »Schicksalsjahre einer Kaiserin«. Woher rührt die Faszination für eine Epoche, in der Frauen Tonnen von Stoff am Leibe trugen und im »trauten Heim« für Mann und Kinder schufteten? Gibt es vielleicht eine heimliche Sehnsucht nach Zeiten, in denen die Geschlechterverhältnisse strikt geordnet waren? Hat sich bis heute, außer der Mode, überhaupt so viel geändert? Wie sieht eigentlich die Rolle der Frau heute aus? Diese und ähnliche Fragen stellten Studierende des Fachbereichs Gestaltung in Seminaren der Professoren Dr. Anna Zika (Theorie/Kunstwissenschaft), Willemina Hoenderken (Mode) und Nils Hoff (Illustration). Dabei entstanden skulpturale Textilkreationen, Gebilde, Zeichnungen, Animationen und interaktive Graphic Novels.

Motive des Einschnürens, Einengens oder des Gehäuses bilden die politische und familiäre Unfreiheit von Frauen um 1850 ab. Opulente, ausladende und Raum nehmende Gebilde verweisen auf die Position der (verheirateten) Frau als Repräsentantin des männlichen Wohlstands sowie auf ihre Funktion als schwer zugängliches Objekt männlicher Begierden – bis hin zur Fetischisierung einzelner Körperteile. Als Materialien wurden neben konfektionierten Stoffen unter anderem verbranntes oder gepresstes Leder, Holzlack, menschliche Haare, Tierknochen, Rattan, Blei oder Edelstahl verwendet sowie 4.500 Trinkhalme oder Magnetbänder aus alten Filmkassetten. Aufwändige Handarbeitstechniken assoziieren nicht nur das ständige Sticken, Stricken, Sticheln, Klöppeln oder Häkeln, wie es im 19. Jahrhundert üblich war, sondern lassen auch Konzentration und intensive Auseinandersetzung mit dem Entwurfskonzept erfahrbar werden. Animationsfilme und Projektionen zeigen die Reduzierung der bürgerlichen Frau zum repräsentativen Hauptausstellungsstück eines überladenen Saloninterieurs.

Ein ebenfalls von Studierenden gestalteter Katalog dokumentiert die Exponate und vertieft in Essays u. a. über die Biedermeiermode, scheiternde Hysterikerinnen oder die Schriftstellerin George Sand das Lebensgefühl von Frauen um 1850. Die Ausstellung ist vom 19.6. – 8.11.2015 im Museumsgebäude »Weiße Villa« zu sehen.

Datenschutzeinstellungen

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und ihre Erfahrungen zu verbessern.